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13.11.2017

Stehst du noch vor der Tür oder cor­nerst du schon?

Wann hört der Spaß auf?

Für alle, die noch nie „gecornert“ haben oder sich nichts darunter vorstellen können: Cornern findet auf der Straße statt. Freunde und Fremde treffen sich an beliebten Straßenecken auf eine Zigarette und ein oder mehrere Biere vom Kiosk. Prominente Beispiele in Hamburg sind der Alma-Wartenberg-Platz in Ottensen und der Neue Pferdemarkt im Schanzenviertel. Als der Kiosk „Tabakbörse“ in der Schanze 2009 für drei Jahre aufgrund einer Gebäudesanierung in einen Container gegenüber ziehen musste, entstand hier eine Gegenkultur, die im Sommer 2017 als „Cornern“ ihren Höhepunkt fand – sowohl real als auch medial und politisch.

Immer mehr Menschen trafen sich bei Einbruch der Dunkelheit an der Ecke vor dem Kiosk – sehr zum Leidwesen der umliegenden Bars und Restaurants, deren Betreiber sich über Umsatzeinbußen beklagen, weil die Leute den Kiosk und dessen preiswertere Getränke der Bar oder dem Club vorziehen. Viele Anwohner haben sie auf ihrer Seite, denn der Geräuschpegel der feiernden Menge ist mitunter entsprechend hoch. Wie soll man mit dem Phänomen am besten umgehen?

Von der Straßenecke in die Bürgerschaft

Das Thema ist in der Politik angekommen. Schon Innensenator Andy Grote (SPD) wollte in seiner Zeit als Bezirksamtsleiter den Ausschank von Alkohol in Kiosken zeitlich einschränken – sein Nachfolger Falko Droßmann (SPD) hatte damit bislang ebenfalls keinen Erfolg im Rathaus. „Wir müssen handeln, bevor der Schaden irreparabel wird“, sagte Droßmann dem Hamburger Abendblatt.

Ganz anders sieht das Trendforscher Sven Gábor Janszky. In einem Interview mit der ZEIT vertritt er die Meinung, dass die Gastronomen diese Entwicklung hinnehmen müssen. „Wir leben in einer freien Wirtschaft, in der es um die besten Angebote geht. Das ist der Lauf der Zeit, eine Gesellschaft muss solche Trends aushalten.

Muss sie das? Nach jahrelanger Duldung des Cornerns werden nun Rufe nach politischer Regulierung laut. Doch kann man das Cornern an sich überhaupt verbieten? Stadtteile, ihre Bewohner und ihre Gewohnheiten verändern sich, Großereignisse wie Schlagermove und Cruisedays verändern die Stadt. Metropolen sind einem stetigen Wandel unterzogen und es wird immer Befürworter und Gegner von Veränderungen in der städtischen Kultur geben. Das ist wohl der „Lauf der Zeit“, den Trendforscher Janszky beobachtet.

Nebenbei gesagt: Wir sehen ja, wohin das politisch regulierte Rauchverbot in der Gastronomie geführt hat, denn wo wird mittlerweile geraucht? Wo versammeln sich die Gäste vor dem Essen, zwischen den Gängen, nach dem Absacker? Vor der Tür.

Ist das jetzt schon Cornern?