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22.02.2018

Ziga­ret­ten im Film: Als die Bil­der rau­chen durften

Knisternde Erotik

Der Filmprofessor Harald Schleicher von der Kunsthochschule Mainz hat über das Rauchen im Film geforscht und kommt zu dem Schluss: „Heutzutage wird das Rauchen stigmatisiert, aber das war nicht immer so: Lange Zeit war die Leinwand ein geradezu paradiesischer Ort für Raucher. Dort war die erste Zigarette ein Initiationsritual, der coole Held ohne Glimmstängel kaum vorstellbar, und für weibliche Stars galt das Rauchen als Zeichen ihrer Emanzipation.“ Diven wie Marlene Dietrich, Lauren Bacall und Rita Hayworth setzten sich noch ganz selbstverständlich mit Zigaretten in Szene. Schleicher hat sie im Sinn, wenn er auf seiner Website schreibt: „Und wenn dann auf der Leinwand ein Mann einer Frau Feuer gab, glich das mitunter einer knisternden erotischen Zeremonie.“

Nische für cineastisches Rauchen

Heute, so der Professor in einem Interview des Online-Radios „detektor.fm“, seien diese Zeiten längst vorbei. Allenfalls Bösewichter und zwielichtige Figuren dürften auf der Leinwand noch rauchen. Der Film „Waterworld“ treibt das schon 1995 auf die (Zigaretten-)Spitze: Dennis Hopper befehligt in ihm eine üble Piratenbande, die ständig qualmt. Zur Belohnung für Missetaten wirft er von der Kommandobrücke Zigaretten unter seine finstere Gefolgschaft.

Doch gibt es eine Nische, in der das cineastische Rauchen sich noch gehalten hat: das sogenannte Autorenkino, dem sich auch die Berlinale widmet. Filmemacher wie Aki Kaurismäki oder Quentin Tarantino lassen ihre Figuren gern eine anzünden. Anderes Beispiel: Serien. In den vergangenen Jahren hatte die US-Fernsehserie „Mad Men“ großen Erfolg, in der wie selbstverständlich geraucht wird, denn sie spielt in den Sechzigerjahren. Aber auch in „House of Cards“ stehen Präsident und First Lady  abends gelegentlich gemeinsam am Fenster und rauchen.

Statistik für „Tabak-Vorfälle“

Der Erfolg von „Mad Men“ erstaunt, denn gerade in den USA werden penible Statistiken darüber geführt, wie oft in einem Film Szenen mit Tabakwaren vorkommen, die sogenannten „Tabak-Vorfälle“. Auch hierzulande gab es schon eine quantitative Untersuchung. Danach wurde in 33 von 39 Filmen geraucht, die 2016 und 2017 für den Deutschen Filmpreis nominiert waren. Für die Initiatoren dieser Untersuchung zu viel und schlechtes Vorbild.
Mit ihrer Kritik zogen sie den Spott des Feuilletons auf sich: Lucas Wiegelmann machte in der „Welt“ darauf aufmerksam, dass deutsche Filme in der Heimat immer beliebter würden, die Zahl der Raucher hierzulande aber beständig sinke. Wenn man also statistische Zusammenhänge sehen wolle, könne man auch vermuten: „Je mehr die Deutschen deutsche Filme gucken, desto weniger rauchen sie.“ Und in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ befand Andreas Platthaus: „Wo Rauch ist, ist auch Feuereifer.“ Warum, so fragte er sich, solle man nicht gleich auch Krimiautoren das Morden verbieten?