Gesunde Mehrwertsteuer – für dumme Verbraucher
Nun soll also die Gesunde Mehrwertsteuer im Nanny-Staat als Mittel der Wahl in der Ernährungsberatung herhalten, wenn es nach den Ideen der Deutschen Diabetes Gesellschaft geht. Dazu suggerieren sie uns mit dem Begriff „Gesunde Mehrwertsteuer“ schon die Sinnhaftigkeit ihrer Absichten. Für „gesund“ sind wir doch alle. Dabei: Steuer aufs Essen ist genau so gesund wie Steuer auf Benzin und Diesel. Eine Steuer ist eine Steuer ist eine Steuer. Gesunde Mehrwertsteuer ist als Begriff nichts anderes, als eine nette Formulierung – und der Versuch der Lenkung über positive Assoziationen.
Geht es nach den Initiatoren, soll der Staat künftig definieren, welche Lebensmittel für seine Bürger „gut“ und welche „schlecht“ sind. Dabei macht er sich nicht die Mühe, seine Bürger zu informieren und aufzuklären, sondern geht den doch recht plumpen Weg, sie über die Besteuerung zu lenken. Denken aus – Staat ein. Brause rauf im Preis, Spinat runter.
Wie ist das eigentlich für die Bevölkerungsgruppen geregelt, bei denen Essen auch religiöse Voraussetzungen erfüllen muss? Was ist „halal“, was ist „koscher“? Regelt das der Staat? Nein. Sondern die Industrie und die Konsumenten selbst, die gelernt haben, bestimmte Regeln bei Zubereitung und Verzehr von Lebensmitteln zu befolgen. Das nennt man Verbraucher-Kompetenz – Ernährungskompetenz.
Der Supermarkt als künftige Gesamtquengelzone
Die Menschen mögen es halt gerne in klar definierten Schubladen. Um es plakativ zu machen: Äpfel ohne MwSt., Dinkelbrot (Achtung: Kohlehydrate) mit 7 Prozent besteuert und Chips, Flips und Mäusespeck zu 19 Prozent. Strafzahlungs-Spanne zwischen „gut“ und „böse“: 0-19 Prozent.
Nehmen wir beispielsweise „Reis“. Wie wird Reis wohl künftig im Vergleich zu Marshmallows besteuert? Natürlich geringer! Sicher? Von wegen. Weißer Reis erhöht das Diabetes-Risiko. Mit Nudeln und Weißbrot sieht es auch nicht viel besser aus. Traurig. In der Tat! Denn Depressionen sind Begleitkrankheit von Diabetes. Heißt dies im nächsten Schritt: 19 % für den Reis und die Nudeln? Dann doch aber auch 25 % auf Burger, Pommes und Co.
Einfacher wäre es natürlich, wenn Verbraucher von selbst wissen würden, was gut und was schlecht für sie ist
Und wenn sie ab und zu auch schlemmen dürften, ohne dass der Staat dann den Zeigefinger heben und das schlechte Gewissen ständiger Begleiter werden würde.
Übrigens: Es gibt sogar Studien, die besagen, dass das schlechte Gewissen dick macht. Wer mit Genuss und ohne Reue die Weihnachtsplätzchen verdrückt, statt besorgt auf die angeblich kneifende Jeans zu schauen, hat im wahrsten Sinne des Wortes ein besseres Bauchgefühl.
Oder geht es am Ende darum, Verbraucher auf eine Art und Weise zu reglementieren, dass niemand mehr über sein Essverhalten nachdenkt? Motto: Der Staat wird es schon für mich richten? Und da wundern wir uns, wenn Menschen immer weniger bereit sind, Eigenverantwortung zu übernehmen?
Ist „Leipziger Allerlei“ übrigens künftig einfach zu versteuern oder müssen wir Möhren, Morcheln, Spargel, Mais und Erbsen nicht besser anteilig auseinanderrechnen? Erbsenzählen – ein schönes, deutsches Wort.
Welche Rolle spielt das Haushaltseinkommen in dieser Diskussion?
Der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL) lässt verlautbaren, dass dies eine Bevormundung vor allem sozial benachteiligter Menschen sei, die sich nicht mehr die komplette Lebensmittelvielfalt leisten könnten. Bei den Kindergeburtstagen gibt es dann für die einen Äpfel und bei den anderen Geburtstagskuchen mit Schlagsahne und Gummibärchen-Dekoration. Am Abend rösten die einen ihre Marshmallows auf kleinen Stöcken über dem Feuer, während die anderen noch etwas Rukola kauen. Überzogen? Keineswegs, denn man muss sich die Idee etwas genauer anschauen – und bis zum Ende denken, damit wir hinterher nicht alle böse überrascht werden.
Daher hier gefragt: Wäre es nicht sinnvoller, eine gesunde und ausgewogene Ernährung zu ermöglichen, ohne staatliche Bevormundung? Wäre es nicht das Beste, Ernährungskompetenz zu fördern?
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Ihre
Doreen Neuendorf
@ladoreen