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04.09.2018

Bun­te Tüten und ein biss­chen wie Nach-Hau­se-Kom­men: Der Tag der Trinkhallen

Das gilt aber nicht für den 25. August. Der „Tag der Trinkhallen“. Das klingt jetzt komisch, ist es aber nicht. Denn der Tag weckt automatisch nostalgische Gefühle. „Zwei Gummimonde bitte und einen Lakritzlolli!“ – die Trinkhalle, Büdchen oder vor allem Kiosk genannt, war der Ort, an dem wir Kinder uns das erste Mal wie Erwachsene vorkamen. Eigenes Geld in der Tasche (30 Pfennig!), mit dem Fahrrad und dem besten Freund eigenständig hingesaust, Schätze selbst ausgesucht und wie ein Großer passend gezahlt. Kiosk, das war der erste unbegleitete Ausflug und der Duft der großen weiten Welt.

Im Büdchen selbst traf man nicht nur den freundlichen Besitzer und seine Frau - komischerweise wurden die immer als Familienbetrieb geführt –, sondern auch ein paar Stammgäste, die immer in dem Lädchen zu sein schienen und uns ebenfalls mit Namen begrüßten. Im Kiosk fühlten wir uns heimisch und gut aufgehoben und sehr schnell war klar: Wenn ich mal groß bin, werde ich auch einen Kiosk haben. Und meinen Freunden gewähre ich einen Rabatt auf Gummimonde. Später kauften wir hier heimlich das erste Bier – oder eine Schachtel Zigaretten? Wir sind quasi im Büdchen erwachsen geworden.

Das Büdchen – ein Mikrokosmos im Zeichen seines Viertels

Doch der Kiosk von damals ist nicht mehr das, was er mal war. So wie auch unsere Wohngebiete nicht mehr das sind, was sie mal waren. Oft spiegeln der Kiosk, die Trinkhalle, die Bude – wie man es auch nennen will – das Leben des Viertels wider, in dem sie stehen. Mit dem Tag der Trinkhallen wird die Bude als «Begegnungsort der Kulturen» gefeiert werden. Und nun soll das vorbei sein?

Quo vadis Trinkhalle?

Tatsächlich nimmt die Zahl der Kioske in Deutschland nach Angaben des Handelsverbandes Deutschland (HDE) kontinuierlich ab. Supermärkte haben heute länger geöffnet und bieten Produkte wie Markenzigaretten und gekühlte Getränke an, die früher Kiosk-Revier waren. In den vergangenen zehn Jahren seien schätzungsweise 2.000 Standorte verschwunden, sagt Olaf Roik vom HDE. «Heute haben wir noch ca. 23.500 Kioske in Deutschland.» Den Umsatz schätzt er auf rund 7,5 Milliarden Euro.

Dirk Stürmer vom Kioskclub Dortmund schätzt, dass rund ein Drittel der deutschen Kioske in NRW stehen. «Kioske haben eine emotionale Komponente. Man trifft dort Nachbarn und Freunde und spricht über die Ereignisse in der Nachbarschaft», sagt Stürmer. «Der Kunde wird dort persönlich betreut. Das gibt es in den größeren Supermärkten nicht.»

„Die klassische Kiosk-Zeit ist vorbei“

Shirin Shaghaghi hat in ihrer Auslage Quinoa-Salate und hartgekochte Bio-Eier stehen – und eine Erkenntnis: «Die klassische Kioskzeit ist vorbei», sagt die Inhaberin des «Kölnkiosk», der im szenigen Belgischen Viertel in Köln steht. Für Kaffee-Feinschmecker steht eine Profi-Maschine bereit, Shaghaghis Mitarbeiter können sich dafür bei einem Barista schulen lassen. «Guter Kaffee sollte schon immer ein Aushängeschild des Ladens sein», sagt sie. «Du musst etwas Besonderes machen, sonst überlebst du heute nicht mehr.»

Vom FC Bayern hinter die Ladentheke

Das Büdchen stand früher für eine bombensichere Sache. Nicht umsonst haben Ex-Fussballprofis früher nach ihrer Bundesliga-Laufbahn klassischerweise einen Kiosk oder eine Lotto-Toto-Annahmestelle eröffnet. Das hat sich verändert, so wie sich vieles im Laufe der Zeit verändert. Aber dass die heimeligen Mini-Büdchen nicht ganz verschwinden, dafür könnten Aktionen wie der „Tag der Trinkhallen“ sorgen. Und ein ganz bisschen hoffen wir ja auch, dass der Trend des „Cornerns“ noch ein wenig anhält und somit einigen Kiosken das Überleben sichert.

 

Quelle: dpa/Marc Niedzolka