21 Nov 2024

Dampfen ist die Erfindung des Jahrhunderts“

Chris­ti­an Gran­za und Ajdn Sul­kov­ski (bei­de 35) sind 2010 mit dem Ziel gestar­tet, „Stutt­gart rauch­frei“ zu machen. Und das ver­fol­gen sie kon­se­quent: Heu­te betrei­ben die bei­den sym­pa­thi­schen Schwa­ben 27 Vape Stores im gesam­ten Bun­des­ge­biet. Mit gro­ßem Erfolg. Im Gespräch mit REE:THINK erzäh­len die Inha­ber von Dolce­fu­mo, wie sie auf die Idee gekom­men sind, einen Vape Shop zu eröff­nen, was das Geheim­nis ihres Erfolgs ist und war­um ihre Kun­den selbst von Ärz­ten zu ihnen geschickt werden.

„Dolce fumo“. Süßer Rauch. Das bleibt im Kopf. Wie seid ihr auf die Idee gekommen, einen Vape Store zu eröffnen?

Christian: Ajdn und ich kommen ganz klassisch aus dem Einzelhandel, sind Kaufleute durch und durch. Wir kennen uns seit unserer Kindheit, sind zusammen in Stuttgart-Nord aufgewachsen, haben unsere Ausbildung im Möbelhandel gemacht und zusammen gearbeitet. Es lag also nah, dass wir ein gemeinsames Business starten.

Ajdn: Wir waren Raucher. 2010 haben wir zum ersten Mal etwas über E-Zigaretten gelesen. Das hat die Neugier in uns geweckt. Wir haben nach vielen Selbstrecherchen E-Zigaretten aus China bestellt. Die sind bei uns sofort eingeschlagen, wir haben seitdem keine Zigaretten mehr geraucht. Uns kam schnell der Gedanke, aus dieser Nische etwas zu machen. Wir wollten eine Alternative zum Rauchen bieten. 2011 haben wir unseren ersten Store in der Olgastraße in Stuttgart eröffnet. Das war auch einer der ersten Vape Stores deutschlandweit.

Ihr seid in Deutschland von Anfang an dabei und habt den Beginn der Vaper-Szene miterlebt. E-Zigaretten waren überall in Verruf. Gegen welche Vorurteile musstet ihr kämpfen?

Christian: Am Anfang war das Vape Business ein bisschen wie der Wilde Westen. Jeder durfte machen, was er wollte. Durch die Regulierung im Jahr 2016 werden wir jetzt ernst genommen. Das gibt uns und vor allem den Kunden Sicherheit. In unserem ersten Shop mussten wir gegen starke Vorurteile kämpfen und hatten auch ständig Angst, dass unsere Liquids beschlagnahmt werden. Viel ist damals im Zoll hängengeblieben. Rückblickend wundert es uns, dass wir damals nicht aufgegeben haben. Wir haben viel Geld investiert und verloren, aber nicht aufgegeben.

Ajdn: Die Leute haben einen weiten Weg auf sich genommen, um uns zu besuchen, und sind sogar aus der Schweiz zu uns gekommen. Wir haben uns die Landkarte angeschaut und einen Store nach dem nächsten aufgemacht. Jetzt haben wir 27 Läden und 64 Mitarbeiter. Bundesweit. Ein typisches Vorurteil war immer: „E-Zigaretten? Das sind doch diese Chemiecocktails. Die sind doch noch schädlicher als Zigaretten und explodieren ständig.“ Dass das kompletter Irrsinn ist, sollten langsam alle Raucher wissen.

Euer Motto war am Anfang: „Wir machen Stuttgart rauchfrei“. Das hat sich nun bundesweit durchgesetzt. Was ist das Besondere an eurem Shop-Konzept?

Christian: Die beste Werbung für uns war die Mund-zu-Mund-Propaganda. Es gibt keine bessere Werbung. Jeder, der neu zu uns kam, hat im Schnitt fünf neue Kunden mitgebracht. Warum? Weil er sich nach ein paar Wochen leistungsfähiger gefühlt hat und einfach begeistert von unserer Alternative fürs Rauchen war. So hat sich das Ganze aufgebaut.

Das Dampfen hat in unseren Stores über die Jahre eine Gemeinschaft unter den Vapern geformt. Die Leute sitzen zusammen und tauschen sich über Liquids und Erfahrungen aus. Von der Hausfrau bis zum Anwalt ist alles dabei. Diese Gemeinschaft ist etwas Besonderes. In Berlin hatten wir bei der Eröffnung 250, in Gießen 300 Leute in den Läden. Es gibt sogar Dampfer, die sich Tattoos mit unserem Logo stechen lassen. Manche Fans tragen das Logo auf T-Shirts. Auch in den sozialen Netzwerken haben wir zehntausende Fans.

Ajdn: Der Vaper kommt in unseren Laden und bemerkt sofort, dass wir großen Wert auf Hygiene legen. In einem guten Store müssen die Fenster beispielsweise immer geputzt sein. Des Weiteren haben wir an allen Teststationen Desinfektionsmittel, die vor jedem Testen benutzt werden. Selbstverständlich benutzen unsere Kunden auch Testkäppchen, sogenannte Einmal-Drip-Tips. Bei uns darf der Kunde erstmal ungestört testen. Wir legen großen Wert darauf, dass wir vom Einsteiger bis zum Profi alle Bereiche abdecken können.

Irgendwann kommt ein geschulter Mitarbeiter dazu und berät den Konsumenten individuell. Dafür nehmen sich unsere Kollegen sehr viel Zeit. Wir haben außerdem eine Corporate Identity entwickelt. Jeder unserer 27 Shops sieht also gleich aus. Das ist uns wichtig. Wir möchten, dass der Kunde sich an jedem Standort vertraut fühlt, egal ob Berlin oder Baden-Württemberg.

Welche Ziele habt ihr? Wo wollt ihr Dolcefumo hinbringen?

Christian: Kurz und knapp: Wir wollen der Vape Shop Nummer eins in Deutschland sein. Wir decken die gesamte Angebotspalette vom Einsteiger bis zum High-End-Nutzer ab. Das ist unser großer Vorteil.

Ajdn: Und wir wollen die Vorurteile gegenüber der E-Zigarette aus der Welt räumen. Mit ein wenig Recherche merken die Kunden schnell, dass E-Zigaretten 95 Prozent weniger schädlich sind als Tabak. Mit unserer fachlich einwandfreien Beratung begleiten wir die Vaper auf ihrem Weg in ein Leben ohne Zigarettenrauch.

Einmal Vaper, immer Vaper: Wer einmal dampft, greift nie mehr zur Zigarette?

Ajdn: Viele Dampfer sind meiner Meinung nach auch heimlich Raucher. Ein, zwei Zigaretten zu bestimmten Ritualen sind einfach drin. Das sind Rituale, die man 30 Jahre lang macht und die man beibehält. Der Raucher ist anfangs der heimliche Dampfer, weil er sich mit dem neuen Produkt noch ein bisschen unwohl fühlt. Später ist der Dampfer der heimliche Raucher, der nicht zeigen will, dass er noch ein, zwei Zigaretten am Tag raucht. Es wird beides weiterhin geben.

Christian: Das muss aber nicht sein. Mein Tipp war immer: Bitte vier Tage nicht rauchen, nur dampfen, dann eine Zigarette anzünden und einfach schmecken. Die Kunden merken beim ersten Zug, was sie sich da antun und wollen nur noch dampfen.

Im Markt nennt man euch die „Liquid-Götter“. Wie seid ihr zu diesem Spitznamen gekommen?

Christian: Wir bringen immer wieder etwas Neues heraus und machen uns viele Gedanken. Unsere Überzeugung ist nach wie vor: Wenn es dem Kunden nicht schmeckt, passt es nicht. Wir haben richtige Liquid-Designer, die in unseren Shops Tests durchführen und schauen, was die Vaper mögen. Die erfolgreichen Liquids werden ins Sortiment aufgenommen.

Das Image von Vape Stores ist aktuell negativ belastet. Woran erkennen Kunden einen guten Laden?

Christian: Einen guten Laden macht neben Hygiene und großer Auswahl auch ein guter und qualifizierter Shopleiter aus. Wir haben einen extra Coach für unsere Mitarbeiter. Wenn es neue Produkte und neues Zubehör gibt, erklärt der Coach den Kollegen diese ausführlich.

Noch ein Kriterium: Einen guten Laden erkennt man an der konsequenten Durchsetzung des Jugendschutzes. Unsere Mitarbeiter sind geschult, auf den Jugendschutz zu achten. Das wird auch in den Personalakten vermerkt. Unter 18 Jahre kommt bei uns keiner rein. Darauf achten wir intensiv mit Sichtkontrollen.

Wie sieht eine klassische Vaper-Karriere aus?

Christian: Erfahrungsgemäß ist es so, dass die Interessenten skeptisch mit einem Einsteigerprodukt anfangen. Sie betreten vorsichtig und ohne Vertrauen eine neue Welt. Dann merken sie, dass etwas mit ihnen passiert. Sie stinken nicht mehr nach kaltem Rauch, können ihre Kinder wieder bedenkenlos umarmen, müssen im Winter nicht vor die Tür zum Rauchen. Sie fühlen sich einfach besser. Das schafft Vertrauen. Es entwickelt sich ein Hobby, in das man investiert. Diese Überzeugung öffnet den Geldbeutel und füllt die Stores.

Ajdn: Viele dachten am Anfang, Vapen ist nur etwas für Jugendliche. Unsere Erfahrung jetzt zeigt aber, dass die eher in die Shishabars gehen. Der Altersdurchschnitt bei unseren Kunden liegt bei 35 Jahren und älter. Wir haben viele Kunden, die von ihren Ärzten zu uns geschickt werden, da sie gesundheitsbedingt aufhören sollen zu rauchen.

Wie steht ihr zum Einstieg der großen Konzerne in den Vape-Markt?

Christian: Anfangs hatten wir nie an eine Zusammenarbeit gedacht, sondern eher an Gegner. Es sind aber Firmen dahinter, die viel Potenzial haben, um ein Produkt auf den Markt zu bringen, dass zu 100 Prozent funktioniert. Mithilfe dieser gut entwickelten Produkte können wir noch besser gegen den schlechten Ruf der E-Zigarette arbeiten. In Zukunft wird unsere Branche durch die großen Konzerne also mehr Vertrauen von der Kundenseite bekommen. Das baut Brücken. Wenn der Raucher nach 30 Jahren bemerkt, dass seine Standardmarke plötzlich auch weniger schädliche E-Zigaretten anbietet, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass er zu der gesünderen Alternative seiner Lieblingsmarke wechselt, als dass er etwas ganz Neues ausprobiert. Das tut dem Vape-Markt gut.

Wie sieht die Zukunft des Vapens aus?

Ajdn: E-Zigaretten sind die Zukunft. Ganz klar. Der Trend geht immer mehr hin zum Gesunden. Die Leute kaufen halt gerne Bio. Die Zigarette wird aber nie aussterben, die wird es immer geben. Das Engagement der Konzerne zeigt ja, dass auch die diese Zukunft erkannt haben. Unser Motto für die Zukunft ist „Vapen ist die Erfindung des Jahrhunderts“. Warum? Ganz einfach. Die E-Zigarette kann Millionen von Menschenleben retten.