Einheitsverpackungen: Briten und Franzosen rauchen weiter
In der ersten Jahreshälfte 2017 haben Großbritannien und Frankreich Einheitsverpackungen für Zigaretten, das sogenannte “Plain Packaging”, eingeführt. Durch die optische Vereinheitlichung sollten Zigarettenmarken weniger attraktiv gemacht und so die Lust aufs Rauchen gebremst werden. Eine neue Studie aus Italien hat nun die Wirksamkeit dieses schweren regulatorischen Eingriffs untersucht – und kommt zu eindeutigen Ergebnissen.
In der ersten Jahreshälfte 2017 haben Großbritannien und Frankreich Einheitsverpackungen für Zigaretten, das sogenannte "Plain Packaging", eingeführt. Durch die optische Vereinheitlichung sollten Zigarettenmarken weniger attraktiv gemacht und so die Lust aufs Rauchen gebremst werden. Eine neue Studie aus Italien hat nun die Wirksamkeit dieses schweren regulatorischen Eingriffs untersucht - und kommt zu eindeutigen Ergebnissen. Das wichtigste Ergebnis formuliert Studienleiter Prof. Raffaele Oriani von der Luiss Guido Carli Universität in Rom knapp: "Die Einführung von Einheitsverpackungen hatte keinen Einfluss auf den Zigarettenkonsum in Großbritannien oder Frankreich."
Gegenteilige Wirkung in Frankreich
Und nicht nur das: Für Frankreich verzeichneten die Wissenschaftler*innen im Untersuchungszeitraum (bis Oktober 2020) nicht nur keinen Rückgang, sondern sogar einen statistisch signifikanten Anstieg des Zigarettenkonsums pro Kopf um fünf Prozent. Damit, so Oriani, habe das "Plain Packaging" sogar eine Wirkung, die der Intention des Gesetzgebers komplett entgegenläuft.
Noch schwerer wiegen die Studienergebnisse insofern, als dass die beteiligten Forscher*innen betonen, dass die Zahl erwachsener Raucher*innen, die in Großbritannien bzw. Frankreich im Untersuchungszeitraum von herkömmlichen Tabakzigaretten auf alternative Nikotinprodukte wie E-Zigaretten oder Tabakerhitzer umgestiegen sind – und den Pro-Kopf-Zigarettenkonsum damit naturgemäß gesenkt haben – durch fehlende Daten nicht erfasst wurden. Sprich: Die in der Studie ermittelten Ergebnisse sind tatsächlich vermutlich noch eindeutiger. Prof. Oriani dazu in einem Interview: "Die Tatsache, dass wir festgestellt haben, dass Einheitsverpackungen auch ohne Berücksichtigung des Umstiegs auf alternative Nikotinprodukte keine Wirkung haben, untermauert unsere Ergebnisse, dass Einheitsverpackungen unwirksam sind."
Übrigens: In einer früheren Studie hatte dasselbe Forscher*innen-Team bereits für Australien, das als erstes Land weltweit Einheitsverpackungen schon Ende 2012 eingeführt hatte, ebenfalls eine Zunahme des Zigarettenkonsums festgestellt.
Erkenntnisse müssen politisch berücksichtigt werden
Die Wissenschaftler*innen weisen darauf hin, dass es weiterer Untersuchung bedürfe, um herauszufinden, ob etwa die Rauchprävalenz, also die Neigung der Menschen in Ländern mit "Plain Packaging" zu rauchen, ebenfalls gestiegen sei oder zumindest nicht mehr wie bisher sinke. Das Team um Prof. Oriani macht jedoch deutlich, dass die politischen Entscheidungsträger auch in anderen Ländern die Erkenntnisse dieser Studie berücksichtigen müssten, bevor sie Einheitsverpackungen zur Pflicht machten.
"Aktionismus, der sein Ziel verfehlt"
Dr. Carsten Wehrmann, Sprecher des Reemtsma-Vorstands, zeigt sich wenig überrascht von den Studienergebnissen: "Wir haben immer darauf hingewiesen, dass der Nutzen von Einheitsverpackungen zur Reduzierung des Zigarettenkonsums in keiner Weise belegt ist. Das zeigen diese und weitere Untersuchungen. Es ist daher schwer nachvollziehbar, dass solche Vorgaben trotzdem umgesetzt wurden und weiterhin Teil politischer Überlegungen sind. Einerseits verfehlen Einheitsverpackungen die in sie gesetzten gesundheitspolitischen Ziele klar. Andererseits wurden und werden Zigarettenhersteller durch diese Form der Regulierung ihrer Markenrechte beraubt, die in den betroffenen Ländern praktisch nutzlos sind. Das ist Aktionismus, der das eigene Ziel weit verfehlt und funktionierenden Wettbewerb einfriert."